Joe Biden – eine demokratische Wende?
von Roland Hureaux*
(31. Dezember 2020) Es bedarf einer seltenen Gedankenlosigkeit, zu behaupten – wie es die Mehrheit der europäischen und amerikanischen Presse sowie Bidens Unterstützer bei der US-Präsidentschaftswahl taten –, dass Trumps Niederlage die Demokratie retten werde.
Welche Art von Demokratie soll das sein, wenn 90 Prozent der amerikanischen Medien Donald Trump von Anfang an massiv feindlich gesinnt waren, der CEO von Facebook während mehrerer Monate herausposaunte, dass er entscheide, wer die Wahl gewinnen werde und die Gafam1-Bosse sich erlaubt haben, die Tweets des US-Präsidenten bereits mehrere Wochen vor der Wahl zu blockieren, um ihm jede Möglichkeit der direkten Meinungsäusserung zu nehmen?
Es ist ganz offensichtlich: Wenn Joe Biden mit solchen Methoden zum Präsidenten der USA gewählt wurde, dann deshalb, weil es in diesem Land wie auch anderswo im Westen kaum mehr wirkliche Demokratie gibt. Täuschen wir uns nicht: die bleierne Last der politischen Korrektheit in den Bereichen «Gender», Rasse, Klima, Gesundheit, Migration, wird für die Amerikaner wie auch für uns noch viel belastender werden. Es kommt eine dunkle Zeit auf uns zu. Die Aggressivität des «demokratischen Lagers» wird, nachdem Donald Trump beseitigt ist, auch den zweiten Feind, Wladimir Putin, beseitigen wollen. Sie wird uns der schlimmsten Gefahr aussetzen, der Kriegsgefahr, die viel ernsthafter und unmittelbarer droht als die Gefahr der globalen Erwärmung, mit der man uns füttert. In einem solchen Kontext bleibt uns nicht mehr viel von unserer Freiheit übrig: Nichts wird den Aufstieg des Mordor2-Imperiums aufhalten.
Das Problem ist, dass viele in diesem «demokratischen Lager» so blind sind, dass sie selber glauben, was sie sagen. Leonid Breschnew glaubte nicht wirklich an die Überlegenheit des sowjetischen Systems. Sie jedoch glauben – jenseits aller Vernunft –, dass Trump die Demokratie in Gefahr bringe und wollen nicht wahrhaben, dass sie selber dies tun. Die erwähnten antidemokratischen Skandale wollen sie nicht wahrhaben.
Diese Blindheit ist der Grund, weshalb die USA heute am Rande des Bürgerkriegs stehen. Globaler Freihandel, Gender-Theorie, grenzenlose Vermischung von Kulturen sind falsche Ideen. Sobald diese von mächtigen Personen umgesetzt werden, werden sie zur Ideologie. In diesem Fall ist es eine Mischung aus oberflächlicher Weltsicht und einem messianischen Projekt – eines, das auf einem falschen Geschichtsbild basiert, auf einer Aufteilung zwischen selbsternannten Progressiven (die Vorhut der Karawane, die die Gesellschaft in den Abgrund führt) und vermeintlichen Reaktionären. Die Ideologen [im «demokratischen Lager»] werden fuchsteufelswild, wenn jemand sich ihrem Projekt entgegenstellt, wie Donald Trump dies getan hat.
Ein solcher Gegensatz ist für sie nicht einfach eine andere Meinung, die man mit Argumenten bekämpfen kann – nein, es wäre der Beweis, dass ihre Ideologie falsch sein könnte, dass sie sich selbst komplett in Frage stellen müssten: Daher der abgrundtiefe Hass, den Ideologen für ihre Gegner empfinden. Die Ideologie hat Vorrang vor allen anderen Überlegungen. Die messianische Dimension ihres Projekts begründet ihre Verachtung von Recht und Moral – dessen, was Orwell (mehr denn je aktuell) als allgemeinen Anstand («Common Decency»), Kultur, Demokratie, die Grundlagen der menschlichen Natur bezeichnete. Wenn in einer Demokratie ein erheblicher Teil der Bevölkerung durch das Ideologie-Virus infiziert ist, wird ein Kompromiss mit der anderen Seite unmöglich. Und sobald sie nicht ultra-minoritär ist, führt die Ideologie zum Bürgerkrieg. Genau dies geschieht in den USA vor unseren Augen.
* Roland Hureaux (1948) ist französischer Historiker und politisch interessierter Buchautor. Er hat in Paris die Ecole nationale d’administration (ENA) absolviert und war auf verschiedenen Ebenen politisch aktiv. Der Erhalt kleinflächiger Gemeindestrukturen und eine der lokalen Bevölkerung angepasste Raumplanung waren und sind ihm ein grosses Anliegen. |
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2 Mordor = «Dunkelland». Begriff aus der Filmtrilogie «Herr der Ringe» von J. R. R. Tolkien.