Der Tod Europas und die Geburt einer neuen Ordnung

Augusto Zamora Rodríguez (Bild zvg)

Ukraine – Ein geopolitischer Konflikt

von Augusto Zamora Rodríguez,* Nicaragua

(2. Mai 2022) Red. «Imperialer Wahn Putins»: Im Westen sind sich Experten, Journalisten und Politiker einig, wenn es um die Ursachen des Konflikts in der Ukraine geht. Doch ein Blick über den Tellerrand zeigt schnell, dass die Analysten im Globalen Süden zu einem anderen Schluss kommen. Es kann erfrischend für den Geist sein, wenn man beim Blick auf die Ukraine-Krise, den Augen und Gedanken eines Menschen folgt, der seine Heimat in Estelí, Nicaragua, hat.

* * *

Zum Glück gibt es keinen Nobelpreis für menschliche Dummheit, denn er wäre bei der Fülle von Kandidaten, angefangen bei den europäischen Herrschern, unmöglich zu vergeben.

Die Ukraine-Frage (wir weigern uns, das als Invasion oder Krieg zu bezeichnen, obwohl es technisch gesehen beides sein kann) ist keineswegs das, was die westlichen Medien krampfhaft behaupten. Russland hat weder die Absicht, die Ukraine zu annektieren, noch hat es einen Eroberungskrieg begonnen, und schon gar nicht ist es das Ergebnis eines imperialen Wahns nach verlorener Grösse.

Es ist ein geopolitischer Konflikt im wahrsten Sinn des Wortes. Geopolitisch im Verständnis des 19. Jahrhunderts, ein Kampf um Macht und Interessen, denn es gibt keinen Konflikt der Ideologien, keinen Kampf der Systeme, auch wenn die üblichen Söldner und Dummköpfe – die leider keine aussterbende Spezies sind – davon schwadronieren. Nein, nichts dergleichen.

Es ist der alte Kampf zwischen der Welt, die geboren werden will, und der Welt, die sich weigert zu sterben (wie der Kommunist Antonio Gramsci gesagt haben soll), hervorgerufen durch die Weigerung der Nato, sich nicht weiter Richtung Russland auszudehnen. Denn das und nichts anderes ist der Grund für die militärische Aktion: Sicherheit für Russland zu gewinnen, was die Europäische Union/Nato ablehnt, was darauf schliessen lässt, dass sie an ihrer Expansionspolitik festhalten.

Als Erstes stirbt die Intelligenz

Es wird behauptet, wiederholt und immer wieder betont, dass bei Konflikten dieser Grössenordnung zuerst die Wahrheit stirbt. Wir sind anderer Meinung. Wir glauben, dass als Erstes die Intelligenz stirbt. Denn man muss schon ignorant, einfältig, verblödet und so weiter sein, um zu glauben, dass Russland die Ukraine wegen Banalitäten wie Grössenwahn oder imperialen Liebesaffären angegriffen hat, wie in einem Roman von Corín Tellado (für diejenigen, die sie nicht kennen: die grösste Autorin von Liebesgeschichten, bis zu drei pro Woche, an die sich ihre Mütter oder Grossmütter mit, ja, jugendlicher Nostalgie erinnern werden). Nichts dergleichen.

Kriege sind teuer, sehr teuer, und ihr Verlauf hängt, wie Thukydides feststellte, von dem Geld ab, das man zur Verfügung hat. Wladimir Putin ist kein hirnloser Mann, wie sie ihn so gerne darstellen wollen. Er ist noch weniger ein Abenteurer wie Crassus, der römische Milliardär, der, um Caesar und Pompeius zu übertrumpfen, einen Krieg gegen die Parther finanzierte, woraufhin die Parther ihn köpften und seine 30 000 Soldaten vernichtend schlugen (daher stammt der Ausdruck «crasoerror», grosser Fehler).

Die Ukraine ist eine Spielfigur, vor allem auf dem globalen Schachbrett (um einen Ausdruck Zbigniew Brzezińskis zu gebrauchen), auf dem die Machtverteilung für die nächsten Jahrzehnte, wenn wir überhaupt dahin kommen, ausgespielt wird.

Die Strategie der USA im Dreieck der Mächte

Wir erklären das. Gegenwärtig gibt es drei grosse Akteure ‒ Russland, die USA und China ‒, die sich in zwei Lager aufteilen. In der einen Ecke, wie in einem Boxring, die Allianz zwischen China und Russland, in der anderen die USA. Das ist keine Erfindung von uns. Wer das sagt und bis zum Überdruss wiederholt, sind die USA und ihr europäischer Hühnerstall. Da in geostrategischen Fragen nur die Lumpen Konflikte erfinden, zitieren wir offizielle US-Dokumente, zu denen wir zusätzlich den Quellenlink für diejenigen angeben, die ihre Neugierde befriedigen wollen.

Vorab sei gesagt, dass in den USA die Regierung und der Kongress so nett sind, solche Dokumente nach zunächst erfolgter Zensur zu veröffentlichen, und zwar auf eine Weise, dass diejenigen, die es nicht wissen wollen, das gar nicht mitbekommen. Aber sie sind da (natürlich in englischer Sprache) und stehen der Öffentlichkeit, die in der Regel erschreckend klein ist, zur Verfügung. Diese Dokumente machen es heute möglich, einen Tropfen Wahrheit in die Orgie der Manipulation und Desinformation zu bringen, die sich in diesem ignoranten europäischen Hühnerstall abspielt.

Beginnen wir mit dem wichtigsten Dokument, betitelt «National Defense Strategy» (Nationale Verteidigungsstrategie), von 2018, das bis zum heutigen Tag die Regeln bestimmt. Darin heisst es:

«Der zwischenstaatliche strategische Wettstreit, nicht der Terrorismus, ist jetzt das wichtigste nationale Sicherheitsanliegen der Vereinigten Staaten. Der langfristige strategische Wettstreit mit China und Russland hat für das [Verteidigungs-]Ministerium oberste Priorität und erfordert aufgrund des Ausmasses der Bedrohungen, die sie gegenwärtig für die Sicherheit und den Wohlstand der Vereinigten Staaten darstellen, und der Möglichkeit, dass diese Bedrohungen in Zukunft zunehmen werden, grössere und nachhaltige Investitionen.»

Um diesem «langfristigen strategischen Wettstreit» zu begegnen, legte das Pentagon neben einer umfassenden Liste von Massnahmen und Aktionen die folgenden Ziele fest.

In Bezug auf China: «Die Bündnisse und Partnerschaften im Indopazifik stärken, um eine vernetzte Sicherheitsarchitektur zu schaffen, die in der Lage ist, die Aggression abzuschrecken, die Stabilität zu wahren und den offenen Zugang zu gemeinsamen Gebieten zu gewährleisten.»

Was Russland angeht: «Das transatlantische Bündnis der Nato stärken. Ein starkes und freies Europa, geeint durch die gemeinsamen Prinzipien der Demokratie, der nationalen Souveränität und der Verpflichtung zu Artikel 5 des Nordatlantikvertrags1 ist für unsere Sicherheit unerlässlich.»

Zusammenfassend: Seit 2018 arbeiten die USA daran, eine Klammer um Russland und China zu bilden, deren wesentlicher Pfeiler ihre militärischen und politischen Bündnisse sind. Auf diese Weise soll die Nato die Atlantikfront der US-Armee bilden, während die USA mit ihren Verbündeten ‒ allen voran Japan ‒ für die Pazifikfront zuständig sind.

Der kommende Weltkrieg wird nuklear sein

Die gesamte Strategie der USA, wirklich die ganze, beruht auf dem Konzept der zwei Kriegsfronten und folgt ihrer Politik während des Zweiten Weltkriegs, als die USA sich weigerten, eine Front in Westeuropa zu eröffnen, weil sie ihre gesamte Macht gegen Japan einsetzen wollten (aus diesem Grund musste die Landung in der Normandie bis Juni 1944 warten).

Dieses Konzept ist das Ergebnis einer Tatsache, die in offiziellen US-Dokumenten eingestanden wird. Wie in dem Dokument «Providing for the Common Defense» (Für die gemeinsame Verteidigung bereitet sein), ebenfalls von 2018, zu lesen ist:

«Die militärische Überlegenheit der Vereinigten Staaten ‒ das Rückgrat ihres globalen Einflusses und ihrer nationalen Sicherheit – ist in einem gefährlichen Masse erodiert. […] Die Fähigkeit der Vereinigten Staaten, ihre Verbündeten, ihre Partner und ihre eigenen lebenswichtigen Interessen zu verteidigen, ist zunehmend in Frage gestellt. Wenn die Nation nicht schnell handelt, um diese Umstände zu ändern, werden die Folgen schwerwiegend und lang anhaltend sein.»

Das heisst, die USA wissen, dass sie nicht die militärische Kapazität haben, um dem russisch-chinesischen Bündnis die Stirn zu bieten. Aus diesem Grund ist das Rückgrat der Strategie Washingtons, die maximale Anzahl von Bündnissen und Verbündeten zusammenzubringen. In der «National Defense Strategy» wird das so ausgedrückt: «Die Allianzen und Partnerschaften zum gegenseitigen Nutzen sind für unsere Strategie entscheidend, da sie einen dauerhaften, asymmetrischen strategischen Vorteil bieten, mit dem kein Konkurrent oder Rivale mithalten kann.»

«Über unsere Hauptbündnisse hinaus werden wir auch den Aufbau von Kooperationen auf der ganzen Welt forcieren, denn unsere Stärke vervielfacht sich, wenn wir gemeinsame Anstrengungen bündeln, um Kosten zu teilen und den Kreis der Zusammenarbeit zu erweitern. Dabei erkennen wir an, dass unsere vitalen nationalen Interessen eine engere Verbindung mit dem Indopazifik, Europa und der westlichen Hemisphäre verlangen.»

Zusammengefasst: Da sie in den USA wissen, dass sie es allein nicht schaffen, werben sie eifrig Länder an, die willens sind, einen beträchtlichen Teil ihres Haushalts dafür aufzuwenden, die Unterlegenheit der USA auszugleichen und, wenn die Zeit gekommen ist, als Kanonenfutter im kommenden Krieg gegen Russland und China zu dienen.

Dies würde die Weigerung erklären, mit Russland über Sicherheitsfragen zu verhandeln, denn es ging nicht um die Unabhängigkeit und Souveränität der Ukraine, sondern darum, die Ukraine als Falle zu benutzen, damit der europäische Hühnerstall blindlings und massenhaft seine Rolle als atlantische Flanke der USA übernimmt.

Das Ziel, wir gestehen es ein, ist erreicht worden, und nun wird der europäische Hühnerstall tun, was die USA wollen: gegen Russland aufrüsten und sich auf den kommenden Krieg vorbereiten. Nur wird dieser Krieg nicht konventionell sein.

Er wird nuklear sein. Jeder, der etwas anderes glaubt, hat keine Ahnung von den Interessen, die hier im Spiel sind.

EU und Nato an der Atlantikfront

In diesem Rahmen müssen die Schlüssel zum Verständnis der politischen und geopolitischen Bewegungen in der heutigen Welt gesucht werden. Wer ihn sich nicht vorstellt oder ihn nicht kennt, kann nur eine Reihe von Unsinn von sich geben, der in Unwissenheit, Fanatismus und Unverstand, viel Unverstand, kultiviert wird.

Dieser beschriebene Rahmen macht zum Beispiel klar, dass die USA die gesamte Last ‒ politisch, militärisch und wirtschaftlich ‒ der Ukraine-Krise der Atlantikfront überlassen, aus dem einfachen Grund, dass sie keine Ressourcen von ihrer Pazifikfront abziehen wollen, der härtesten, schwierigeren und kostspieligsten. EU und Nato werden sich folglich auf ein Wettrüsten mit Russland einlassen müssen, das forderte schon Donald Trump als US-Präsident.

Das atlantische Europa akzeptierte diese Rolle klaglos, ohne die Kosten zu bemessen, seine Bürger zu informieren oder den Preis zu kalkulieren, den es in seiner Rolle als untergeordneter Hühnerstall bezahlen wird. Zu keinem Zeitpunkt zog eine europäische Regierung je eine solche Möglichkeit in Betracht. An dieser Stelle muss mit dem Mythos einer «hirntoten» Nato aufgeräumt werden.

Die Nato wurde stattdessen weiter ausgebaut. 2009 traten Albanien und Kroatien und 2017 Montenegro bei. Nur das Söldnertum und die Dummheit haben diese Fiktion aufrechterhalten können.

Der Ukraine-Konflikt ist schliesslich genau wegen der Weigerung der Nato eskaliert, eine neutrale Ukraine zu akzeptieren. Sie wollen das Land in der Nato, und bei dieser Besessenheit bleiben sie. Überdies zeigte sich die Dominanz der USA schon vor Jahren, als der Hühnerstall gehorsam akzeptierte, die Projekte einer Europaarmee und der Schaffung einer gemeinsamen, von den USA unabhängigen Aussen- und Sicherheitspolitik zu begraben.

Steht Russland allein in diesem Krieg?

Der andere Mythos des Hühnerstalls ist die angebliche Einsamkeit Russlands. Man muss schon blind, dumm oder bestechlich sein, um einen solchen Trugschluss zu vertreten. Zunächst einmal hat Russland die Unterstützung Chinas und Indiens. Das sind nicht nur Worte, sondern diese beiden Länder haben mehr Gewicht als der ganze Hühnerstall zusammen.

Ausserhalb der Blase des Hühnerstalls ist die Welt besser informiert als die Hühner, und die weltweiten Beziehungsgeflechte sind von solcher Komplexität, dass sie für eingerostete atlantische Neuronen schwer verdaulich sind.

China braucht Russland aus vielen Gründen, angefangen bei lebenswichtigen geostrategischen Fragen über die Neue Seidenstrasse bis hin zu Energiefragen. Indien braucht Russland für seine Streitigkeiten und Eifersüchteleien mit China, zusätzlich zu der Tatsache, dass 75 Prozent seiner Waffen aus Russland kommen.

Die Liste liesse sich fortsetzen, aber das ist nicht nötig. Wer sich die Mühe macht, die Positionen der Regierungen der Welt zu untersuchen, wird bemerken, dass fast keine mitmischen will. Sie wissen, was die USA sind, und sie wissen, was die Nato ist. Sie wissen, wer die Verursacher der Ukraine-Krise sind.

Der Hühnerstall wirft sich wie eine Armee von Trollen aus «Der Herr der Ringe» gegen Russland in die Schlacht, mit einer pathologischen Wut, die ihrem zerstörerischen Ethos freien Lauf lässt, und das ist gut so. Man muss wissen, wer die Freunde und wer die Feinde sind. In Moskau wird es keinen Zweifel darangeben, falls es überhaupt mal einen gab, dass eine Verständigung mit den Atlantikern nicht möglich ist.

Der Hühnerstall der Trolle und Marionetten mit seiner antirussischen Giftigkeit beschleunigte die Zersplitterung der Welt in Blöcke und führte auch den politischen Tod Europas herbei. Es wird nicht mehr Europa sein, auch wenn es so scheint und weiter auf den Landkarten markiert bleibt. Europa wird im Wesentlichen die Atlantikfront der US-Armee sein, in Erwartung, dass die USA ihre Vernichtung anordnen.

Die Geburtswehen einer neuen Welt

Wir erleben live, direkt und in voller Deformation die Teilung der Welt und die Geburt einer neuen Welt, in der der Hühnerstall irrelevant sein wird, da das Geschäft zwischen China, Russland und den USA abgewickelt werden wird.

Nichts wird den aufgerissenen Graben wieder schliessen, selbst wenn sich die Beziehungen normalisieren, es wird die Normalität der Begräbnisse sein. Die Halbinsel Europa wird mehr denn je eine Halbinsel sein, denn ihre Verbindung zu Asien ist – war Russland. Ohne Russland bleibt ihnen nur noch der Atlantik.

Ein weiterer Nutzen für Russland und China ist, dass der atlantische Hühnerstall seine Strategie offenbarte. Sie ist derjenigen, die 1918 auf Deutschland angewendet worden war, so ähnlich, dass es an der Zeit ist auszurechnen, was ein Bunker kosten würde. Der Unterschied ist, dass Russland nicht Deutschland ist. Das Gegenteil ist der Fall: Russland hat alles, von unbegrenzter Energie bis hin zu unerschöpflichen landwirtschaftlichen Ressourcen.

Und Atomwaffen. Putin ordnete an, sie in Alarmbereitschaft zu versetzen, um die überheblichen Insassen des Hühnerstalls daran zu erinnern. Diejenigen, die in ein paar Jahren, wie die Ukrainer heute, als Kanonenfutter für den grösseren Glanz eines Reiches dienen werden, das in eben diesen paar Jahren aufhören wird, ein Reich zu sein. Und wenn das vorbei ist, wird Russland immer noch da sein, und die Zeit wird kommen, Rechenschaft abzulegen.

Wut und Mitgefühl mit der ukrainischen Bevölkerung, die im Namen blinder und absurder strategischer Kalküle der USA als Kanonenfutter benutzt wird. Und Verräter sind die Regierungen, die sie in die heutige tragische Lage brachten, während ihre erste Pflicht gewesen wäre, ihr Wohlergehen und ihre Ruhe sicherzustellen.

Tausende Ukrainer kämpfen, ohne es zu wissen, in einem Krieg, der nicht ihrer ist, provoziert von einer Macht, die nicht zögerte, sie alleinzulassen. Im Hühnerstall sollte das zur Kenntnis genommen werden, aber welch eine Illusion: Hühner denken nicht. Notiert euch das doch einmal.

Russland wird die Ukraine solange nicht verlassen, bis sie sich nicht zu einem neutralen Land erklärt. Die ukrainische Regierung hat akzeptiert, mit Russland zu verhandeln. Keine intelligente Idee, sondern eine unvermeidliche. Ob es nun länger oder kürzer dauert, wenn es keine Einigung gibt, werden russische Panzer auf dem Maidan ankommen.

Der Brandstifter im Hühnerstall

Wir beenden diesen Artikel, der länger geworden ist als geplant, mit den folgenden Kommentaren:

«Die USA reden oft von Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Moral, aber in Wirklichkeit geht es um Interessen. Der strategische Egoismus und die Heuchelei Washingtons haben sich in der Praxis seiner internationalen Politik immer wieder offen gezeigt. Laut Berichten sind mindestens 37 Millionen Menschen in und aus Afghanistan, dem Irak, Pakistan, dem Jemen, Somalia, den Philippinen, Libyen und Syrien als direkte Folge der von den USA seit dem 11. September 2001 geführten Kriege vertrieben worden.»

«Wenn ein Land, so mächtig es auch sein mag, nur seine eigenen Interessen verfolgt, überall Flammen schürt und ständig Chaos in andere Länder exportiert, ist es unvermeidlich, dass seine Glaubwürdigkeit zerbricht und seine Hegemonie an ihr Ende kommt.»

«Für Länder und Regionen, die immer noch Fantasien haben oder als Handlanger der USA agieren, ist die Ukraine-Krise eine gute Mahnung: Einem ‹Partner›, der nur ‹gute Nachrichten› verkündet, wenn du in Schwierigkeiten bist, ist nicht zu trauen.»

Das stammt aus einem Leitartikel der «Global Times» der Kommunistischen Partei Chinas. Vernachlässigt das nicht. Auch nicht, dass die Krise in der Ukraine eine Botschaft hinterlässt: An eine friedliche Einigung mit den USA und ihrem Hühnerstall ist nicht zu denken. Daher ist die einzige Möglichkeit, den Hegemonialansprüchen der USA entgegenzutreten, der Krieg.

China hat sein ukrainisches Pendant. Es heisst Taiwan, der riesige landgestützte US-Flugzeugträger nur 230 Kilometer vom chinesischen Festland entfernt. Wenn es unklug ist, die Pfoten des Bären anzufassen, so ist es selbstmörderisch, dies gleichzeitig beim Drachen und beim Bären zu tun.

Aber es geht noch weiter. Die atlantische Bösartigkeit ermutigte den früheren japanischen Premierminister Shinzo Abe dazu, unter Hinweis auf die Ukraine-Krise eine nukleare Zusammenarbeit Japans mit den Vereinigten Staaten zu fordern. Die «Global Times» reagierte sofort in einem Leitartikel:

«Die USA sind sich der rechtsgerichteten Bewegung in Japan bewusst, sehen das Land aber als den wichtigsten Hebel, um China in Ostasien einzudämmen. Daher wird es für Washington mehr und mehr zu einer Priorität, Japan dafür zu benutzen. Dies ermöglicht es Japans rechten Politikern, eine Gelegenheit zu sehen und sie voll und ganz auszunutzen, um die strategischen Fesseln zu lösen, die sie seit fast 80 Jahren gebunden haben. Die nukleare Kapazität ist dabei wahrscheinlich ihr Endziel.» Game over!

Die Kopflosigkeit gebratener Hühner

Nehmt ihr den Wink wahr, oder bleibt ihr dumm eingetaucht in die giftige Informationswolke? Die USA wollen, dass Japan für China das ist, was Deutschland von jetzt an für Russland sein wird, und wir wissen ja, wie diese Länder im Zweiten Weltkrieg endeten.

Kurzum, wir sprechen von reiner und harter Geopolitik und von einem Spiel, das grösser ist, als die Menschen es sich vorstellen.

Hühner spielen da nicht mit. Sie opfern sich, um Suppe aus ihnen zu machen oder dieses cholesterinverseuchte Gringo-Rezept «Fried Chicken». Willkommen an der Schwelle des ersten grossen Krieges des 21. Jahrhunderts. Lassen Sie sich das Huhn schmecken.

* Augusto Zamora Rodríguez war Professor für Völkerrecht und internationale Beziehungen an der Universidad Autónoma de Madrid sowie Dozent an der Nationalen Autonomen Universität von Nicaragua und Gastprofessor an verschiedenen Universitäten in Europa und Lateinamerika. Zamora war Botschafter Nicaraguas in Spanien. Von 1979 bis 1990 war er juristischer Direktor des Aussenministeriums und Stabschef des Aussenministers. Er gehörte dem nicaraguanischen Verhandlungsteam in den Friedensprozessen von Contadora und Esquipulas an, von Anfang an bis zur Wahlniederlage des Sandinismus; er vertrat Nicaragua im Verfahren gegen die USA vor dem Internationalen Gerichtshof wegen des Contra-Krieges und nahm an zahlreichen diplomatischen Missionen teil.
Augusto Zamora Rodríguez ist der Autor von «Política y geopolítica para rebeldes, irreverentes y escépticos» (3. Auflage, 2018); «Réquiem polifónico por Occidente» (2018) und «Malditos libertadores» (2. Auflage 2020).

Quelle: https://clubderklarenworte.de/, 4. April 2022

(Der spanische Originaltext wurde von Olga Espín ins Deutsche übertragen.)

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Langemann Medien GmbH.

Zurück