Rede im Namen der Zivilgesellschaft
Jährliches Treffen anlässlich des internationalen Tages der Solidarität mit dem palästinensischen Volk einberufen vom Komitee für die Ausübung der unveräusserlichen Rechte des palästinensischen Volkes gemäss Resolution 32/40 der Generalversammlung der Vereinten Nationen Büro der Vereinten Nationen in Wien, 29. November 2024.
Text der Rede von Prof. Dr. Hans Köchler, Präsident der International Progress Organization, Wien
Auf einer Sondersitzung anlässlich des Internationalen Tags der Solidarität mit dem palästinensischen Volk unter dem Vorsitz von Vasco M. Samupofu, Botschafter der Republik Namibia, gaben Vertreter der UN-Mitgliedstaaten, der Liga der Arabischen Staaten und anderer internationaler Organisationen Erklärungen zur Unterstützung einer gerechten Lösung des Palästina-Problems auf der Grundlage einer Zweistaatenlösung ab.
Sonderbotschaften wurden von Vertretern des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, António Guterres, und des Präsidenten des Staates Palästina, Mahmoud Abbas, überbracht. Der Botschafter von Marokko verlas einen Brief Seiner Majestät König Mohammed VI., Vorsitzender des Al-Quds-Komitees [Jerusalem-Komittees] der Organisation für Islamische Zusammenarbeit.
Nach den Reden der diplomatischen Gesandten hielt der Präsident der International Progress Organization, Dr. Hans Köchler, eine Rede im Namen der Zivilgesellschaft.
Das Treffen wurde gemeinsam vom Büro der Vereinten Nationen in Wien und dem Verbindungsbüro der Vereinten Nationen für Frieden und Sicherheit organisiert.
* * *
Herr Vorsitzender, Exzellenzen,
meine Damen und Herren!
Selbstbestimmung ist das unveräusserliche Recht eines jeden Volkes. Selbstverteidigung, individuell und kollektiv, ist das inhärente Recht jedes Staates gemäss Artikel 51 der UN- Charta. Die Bezugnahme auf diese Begriffe ist seit jenem schicksalshaften Tag im Jahr 1947, an den wir bei dieser Versammlung heute erinnern, in den Kontroversen über den Konflikt in Palästina fast zu einem Ritual geworden. Entgegen ihren Intentionen folgte auf die Resolution der Generalversammlung vom 29. November desselben Jahres die Gründung eines Staates, der dem arabischen Volk von Palästina das Recht auf Selbstbestimmung grundsätzlich verweigerte und dies wiederholt im Namen der Selbstverteidigung tat.
Was vor den Augen der Welt seit der Eskalation des Konflikts vor über einem Jahr geschieht, ist jedoch keine Selbstverteidigung – durch eine Besatzungsmacht! – gemäss Artikel 51 der Charta, wie der Internationale Gerichtshof (IGH) bereits in einer früheren Entscheidung zum Palästinakonflikt klarstellte.1 Es ist die Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit – in einem Ausmass, das jede Vorstellung übersteigt – unter dem zynischen und irreführenden Deckmantel der Selbstverteidigung. Während Israel, um die Sprache des IGH zu verwenden, «das Recht, ja die Pflicht hat» auf die Angriffe vom 7. Oktober 2023 zu reagieren, um «das Leben seiner Bürger zu schützen»,2 ist es bei der Verfolgung dieser Aufgabe in keiner Weise berechtigt, die grundlegendsten Normen der Menschlichkeit zu verletzen.Bereits vor einem Jahr beschrieb die «Financial Times» (23. November 2023) den Norden Gazas als «ausgebombtes Ödland». Die «Washington Post» übertitelte am selben Tag ihren Bericht: «Israel hat in Gaza einen der zerstörerischsten Kriege dieses Jahrhunderts geführt», und das «Wall Street Journal» (30. Dezember 2023) schrieb, die Zerstörung in Gaza «ähnelt einigen der verheerendsten Feldzüge der modernen Geschichte».
Der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen eingesetzte Sonderausschuss zur Untersuchung israelischer Praktiken kam in seinem jüngsten Bericht vom 20. September 2024 zu dem Schluss, «dass die Politik und Praktiken Israels […] die Merkmale eines Völkermordes haben» (Abs. 69).3 Laut einem Bericht von Reuters (18. November 2024) hat Seine Heiligkeit Papst Franziskus insbesondere auf diese Einschätzung hingewiesen und eine weitere sorgfältige Prüfung der Sachlage vorgeschlagen.
Ausserdem hat der Internationale Gerichtshof (IGH) in seiner einstweiligen Verfügung vom 26. Januar dieses Jahres angeordnet, dass Israel «im Einklang mit seinen Verpflichtungen gemäss der Völkermordkonvention» «unverzüglich» «alle notwendigen und wirksamen Massnahmen» ergreifen müsse, um «die ungehinderte Bereitstellung der dringend benötigten Grundversorgung und humanitärer Hilfe in grossem Umfang durch alle Beteiligten» in Gaza sicherzustellen (Abs. 45). In dem Beschluss wurde gleichzeitig darauf hingewiesen, dass einstweilige Verfügungen des Gerichtshofes «bindende Wirkung haben und somit völkerrechtliche Verpflichtungen für jede Partei mit sich bringen, an die sich eine einstweilige Verfügung richtet“ (Abs. 48).
Bis heute wurden weder diese noch die nachfolgenden Anordnungen des IGH umgesetzt. Im Gegenteil, und in offener Missachtung der internationalen Gemeinschaft, hat die israelische Knesset zwei Gesetze verabschiedet, die dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) den Zugang zu israelischem Territorium verbieten und jeglichen Kontakt des israelischen Staates mit dem Hilfswerk untersagen.
Nach langer und sorgfältiger Beratung hat der Internationale Strafgerichtshof unter anderem Haftbefehle (20. November 2024) gegen zwei Verantwortliche des Gaza-Kriegs erlassen, mit der Begründung, dass «hinreichende Gründe für die Annahme» vorlägen, dass sie strafrechtliche Verantwortung für die Kriegsverbrechen des Aushungerns als Kriegsmethode und des vorsätzlichen Angriffs auf die Zivilbevölkerung sowie für folgende Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Mord, Verfolgung und andere unmenschliche Taten, tragen.
All dies ist der internationalen Öffentlichkeit bekannt. Ich rufe diese Bewertungen und Entscheidungen von Einzelpersonen und Institutionen dennoch in Erinnerung, weil häufig und bösartig behauptet wird, Kritik und Verurteilung der Kriegsführung sei ein Zeichen von Antisemitismus. Insbesondere seit dem letzten Jahr bedient man sich dieses Klischees, um jede Form von Kritik zu delegitimieren und die Zivilgesellschaft einzuschüchtern, damit sie sich nicht gegen die Gräueltaten und die systematische Verletzung der Menschenrechte durch die Besatzungsmacht in Palästina äussert.
Um die Welle der Proteste zur Unterstützung des palästinensischen Volkes einzudämmen, haben einige Länder in Europa weitere Massnahmen ergriffen, um die Meinungsfreiheit zu unterdrücken, indem sie friedliche Demonstrationen blockierten, Reiseverbote über Konferenzredner verhängten usw. – Massnahmen, die eindeutig gegen internationale Menschenrechtsabkommen verstossen. Die wiederholte und manchmal gewaltsame Unterdrückung von Studentendemonstrationen auf dem Gelände von Universitäten in Europa und den Vereinigten Staaten sollte für die Zivilgesellschaft ein Weckruf sein, wenn es um die Verteidigung der bürgerlichen und politischen Rechte geht.
Was jedoch oft übersehen wird, ist, in den Worten des israelischen Professors Amos Goldberg, «eine radikale Atmosphäre der Entmenschlichung der Palästinenser […] in der israelischen Gesellschaft» und unter den Unterstützern des israelischen Krieges in Gaza, insbesondere in einigen westlichen Ländern. Es gibt keinerlei Rechtfertigung für Äusserungen von antiarabischem Rassismus und antimuslimischem Hass, die in Teilen der Gesellschaft in Europa und den Vereinigten Staaten immer weiter verbreitet sind.
Herr Vorsitzender!
Selten in der modernen Geschichte der zwischenstaatlichen Beziehungen gab es innerhalb der internationalen Gemeinschaft eine grössere Kluft zwischen der überwiegenden Mehrheit derjenigen, die eine gerechte und friedliche Lösung des Palästinakonflikts unterstützen, und einer winzigen Minderheit von Staaten, die – von einem ständigen Mitglied des Sicherheitsrats mit einem Gewicht ausgestattet, das sie sonst nicht hätten – einer gerechten und dauerhaften Lösung im Wege stehen. Dies wurde in der Entscheidung des Sicherheitsrates letzte Woche (20. November 2024) erneut drastisch deutlich. Eine Abstimmung zugunsten eines sofortigen, bedingungslosen und umfassenden Waffenstillstandes in Gaza, die von 14 der 15 Ratsmitglieder unterstützt wurde, ist an der Gegenstimme eines einzelnen ständigen Mitgliedes mit Vetorecht gescheitert.
Dies ist seit jeher das Dilemma, ja der Geburtsfehler des UN-Systems der kollektiven Sicherheit, wenn es um die Palästinafrage geht: Resolutionsentwürfe, die legitime palästinensische Rechte bekräftigen, werden, wenn sie überhaupt eine Mehrheit finden, im streng rechtlichen Sinne immer unverbindlich sein, solange sie nicht auf Kapitel VII der Charta basieren, das allein Zwangsmassnahmen enthält. Auch die vielzitierte Resolution 242 von 1967, die lediglich als «Prinzip» den «Abzug der israelischen Streitkräfte aus den im jüngsten Konflikt besetzten Gebieten» «bekräftigte»,4 basierte nicht auf Kapitel VII und wurde daher nie umgesetzt.
Die Kluft innerhalb der internationalen Gemeinschaft wurde auch in den humanitären Waffenstillstandsinitiativen der Generalversammlung sichtbar. Da es in diesem Gremium kein Vetorecht gibt, wurden diese Resolutionsentwürfe zwar angenommen – und immer mit überwältigender Mehrheit. Nur eine kleine Zahl von Staaten rund um die USA und Israel stimmte gegen diese rechtlich nicht zwingenden Resolutionen. Zur Erinnerung: Am 27. Oktober 2023 lautete das Abstimmungsergebnis 121:14; am 12. Dezember 2023 war es 153:10. Lediglich zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union stimmten gegen beide Resolutionen.
Diese Abstimmungsergebnisse sollten uns die entscheidende Rolle einer informierten Bürgerschaft bewusst machen. Wo das politische und mediale Establishment zugunsten einer Seite des Konfliktes voreingenommen ist, ist das einzige Korrektiv eine aktive und wache Zivilgesellschaft. In demokratischen Gemeinwesen sollte dies nichts sein, wovor man Angst haben muss. Friedliche Kritik an der Regierungspolitik, ob im Inland oder international, ist das A und O der Demokratie – und Veränderung ist nur durch freie und offene Debatten möglich. So wie die Dinge jetzt stehen, ist die Meinungsfreiheit im israelisch-arabischen Konflikt tatsächlich zu einem Lackmustest für die Demokratie in Europa geworden.
Die Rolle der Zivilgesellschaft, einschliesslich freier und unzensierter Medien, als Korrektiv ist umso wichtiger angesichts der grossen Kluft zwischen Worten und Taten, wenn es um den Krieg in Gaza und die zunehmenden Angriffe der Siedler im besetzten Westjordanland geht.
Die Krokodilstränen derjenigen in den Regierungen, die das «herzzerreissende» Leiden5 unschuldiger Zivilisten (die meisten davon Frauen und Kinder) beklagen und gleichzeitig weiterhin Waffen und Munition an die angreifende Armee liefern, sind in keiner Weise überzeugend. Sie haben offensichtlich auch die arabisch-amerikanischen und muslimisch- amerikanischen Wähler bei den US-Präsidentschaftswahlen Anfang dieses Monats nicht beeindruckt.
Im Gefolge der jüngsten Verfügungen des Internationalen Gerichtshofs im Rahmen der Völkermordkonvention auf Antrag Südafrikas, dem sich die Türkei, Spanien, Mexiko, Chile, Kolumbien und die Malediven angeschlossen haben, und der einstimmigen Entscheidung der Ersten Vorverfahrenskammer des Internationalen Strafgerichtshofes sollten diejenigen, die gegenüber der ganzen Welt ständig Rechtsstaatlichkeit einmahnen, zuvörderst die Lieferung von Waffen und Munition für einen Krieg beenden, der unter Verletzung der grundlegenden Normen der Menschlichkeit geführt wird.
Herr Vorsitzender!
In den vielen Jahrzehnten der Besatzung hat Israel praktisch alle Appelle und Resolutionen der internationalen Gemeinschaft, vertreten durch die Vereinten Nationen, ignoriert.
Die skandalöse Erklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen zur Persona non grata hat gezeigt, wie weit Israel mit seiner Ablehnung des Willens der internationalen Gemeinschaft zu gehen – und sich ihr vollends zu entfremden – bereit ist.
Vor dem Hintergrund der israelischen Kompromisslosigkeit und auf der Grundlage des Gutachtens des Internationalen Gerichtshofes vom 19. Juli 2024, das die fortgesetzte Anwesenheit Israels im besetzten palästinensischen Gebiet für illegal erklärte, forderte die UN-Generalversammlung in einer am 18. September angenommenen Resolution,6 dass Israel seine «rechtswidrige Anwesenheit» in dem Gebiet innerhalb von 12 Monaten nach der Annahme der Resolution «unverzüglich beendet». Dies bedeutet gemäss dem Beschluss der Generalversammlung, dass «alle neuen Siedlungsaktivitäten sofort eingestellt», «alle Siedler» aus dem Gebiet evakuiert und «das Land und sonstiges unbewegliches Eigentum» zurückgegeben werden, das seit Beginn der Besetzung im Jahr 1967 beschlagnahmt wurde.
Auch diese Resolution wurde von einer überwältigenden Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten unterstützt (124 dafür, 14 dagegen) – und ich fürchte, auch diese wird vom Adressaten ignoriert werden.
Als der Völkerbundsrat am Ende des Ersten Weltkriegs das britische Mandat über Palästina «bestätigte» (24. Juli 1922), hiess es in der Präambel des Dokuments eindeutig: «Nichts darf unternommen werden, was die bürgerlichen und religiösen Rechte der bestehenden nichtjüdischen Gemeinschaften in Palästina beeinträchtigen könnte.» Tatsächlich jedoch, und insbesondere nach Ablauf des Mandates im Jahr 1948, ist die Entwicklung in die entgegengesetzte Richtung verlaufen.
Heute, mehr als ein Jahrhundert nachdem die «Alliierten Hauptmächte» diese Verpflichtung formuliert haben, scheinen ein Vernichtungskrieg in Gaza – mit Bombardements, die zu den heftigsten in der Geschichte zählen – und eine Besiedlungs- und letztlich Annexionspolitik im gesamten Westjordanland auf die Liquidierung der palästinensischen Frage und die Verhinderung der Zweistaatenlösung abzuzielen, wie sie in der Resolution der Generalversammlung, deren wir heute gedenken, vorgesehen war. Die Politik der systematischen Ermordung der politischen Führer – potenzieller Verhandlungspartner – auf der arabischen Seite ist ein weiteres unheilvolles Zeichen.
Herr Vorsitzender!
In dieser geopolitisch höchst instabilen Zeitspanne zwischen der Wahl und der Amtseinführung eines neuen Präsidenten in den Vereinigten Staaten darf das unter anderen von der scheidenden US-Regierung vermittelte Abkommen über die Einstellung der Feindseligkeiten an der libanesisch-israelischen Front von Israel nicht als Freibrief für die völlige Zerstörung Gazas genutzt werden.
In einer kriegerischen Rede mit eschatologischen Untertönen sprach der israelische Premierminister bei der Ankündigung des Waffenstillstandes Anfang dieser Woche von dem Abkommen als einer Art taktischen Waffenruhe in einem Kampf, den er als Israels «Krieg der Erlösung» an sieben Fronten bezeichnete. Er erklärte drohend: «Wir werden das Gesicht des Nahen Ostens verändern.» Zu den Gründen, warum das Land einem Waffenstillstand zustimmte – der in der Woche nach dem Amtsantritt des nächsten US-Präsidenten ausläuft –, nannte der Premierminister die Auffüllung der Waffenbestände und «die Trennung der Fronten und die Isolierung der Hamas».7 Ehrlich gesagt, sieht dies eher wie ein Waffenstillstand zwecks Vorbereitung auf weiteren Krieg an allen Fronten aus.
Man kann nur hoffen, dass der künftige Präsident des einzigen Mitgliedslandes, das den jüngsten Resolutionsentwurf des Sicherheitsrates zu einem Waffenstillstand abgelehnt hat, nach Jahrzehnten der Lähmung dieses Gremiums sein Wahlversprechen wahr macht und den Frieden in dieser wie in anderen Regionen wiederherstellt. In einem Telefonat mit Präsident Abbas am 8. November sagte der designierte Präsident Trump, er werde «daran arbeiten, den Krieg zu beenden» und «den Frieden im Nahen Osten zu fördern».8
Angesichts der Rede des israelischen Premierministers vor drei Tagen erscheint dieses Versprechen ziemlich gewagt. Es wird nur dann Sinn machen, wenn der Präsident tatsächlich einen gerechten Frieden im Einklang mit dem Völkerrecht meint.9 Gerade unter den gegenwärtigen schwierigen und chaotischen Umständen ist es angebracht, sich daran zu erinnern, wie Präsident Eisenhower 1956 die Suezkrise entschärfen konnte. In Anbetracht des Vetos Frankreichs und Grossbritanniens im Sicherheitsrat unterstützte er die Gründung einer «United Nations Emergency Force» (Notfalltruppe der Vereinten Nationen) (UNEF) durch die Generalversammlung, eine Initiative, die schliesslich zu einem Waffenstillstand und dem von der UNEF überwachten Truppenabzug führte.10
Im Hinblick auf den Tod von schätzungsweise mehr als 50 000 Palästinensern, von denen viele noch immer unter den Trümmern ihrer Häuser begraben liegen – die meisten von ihnen unschuldige Zivilisten, insbesondere Frauen und Kinder –, die systematische Zerstörung der zivilen Infrastruktur, die Vergiftung des Bodens durch den Einsatz verbotener Munition, die gezielten Angriffe auf Krankenhäuser und Notunterkünfte, darunter Schulen und UN-Gebäude, im Hinblick auf Folter und Morde: Angesichts all dieses Grauens muss Appellen an das Recht, wenn diese glaubwürdig sein sollen, durch konkrete und entschlossene Massnahmen Nachdruck verschafft, und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.
Ein Waffenembargo und gezielte Wirtschaftssanktionen sind das Mindeste, wozu sich die zivilisierte Welt durchringen muss, wenn sie einer Entwicklung Einhalt gebieten will, die zu Annexion und Zwangsumsiedlung der Bevölkerung – und damit zu einer zweiten Nakba [Katastrophe]11 – führen kann, die nicht nur die gesamte Region in Mitleidenschaft ziehen, sondern Frieden und Sicherheit weltweit bedrohen würde.
Vielen Dank, Herr Vorsitzender!
* Hans Köchler wurde am 18. Oktober 1948 in der Stadt Schwaz, Tirol, Österreich, geboren. Er promovierte an der Universität Innsbruck (Österreich) zum Doktor der Philosophie (Dr. phil.) mit höchster Auszeichnung (sub auspiciis praesidentis rei publicae). Von 1982 bis 2014 war er Universitätsprofessor für Philosophie (mit besonderem Schwerpunkt auf politischer Philosophie und philosophischer Anthropologie). Er ist Ehrendoktor der Staatlichen Universität Mindanao (Philippinen) und der Armenischen Staatlichen Pädagogischen Universität sowie Ehrenprofessor für Philosophie der Universität Pamukkale (Türkei). Von 1990 bis 2008 war er Direktor des Instituts für Philosophie an der Universität Innsbruck. An seiner Universität war Professor Köchler von 1971 bis 2014 auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Wissenschaft und Politik. Von 1974 bis 1988 war er Vorstandsmitglied des Österreichischen College (Wien) und Mitglied des Programmausschusses des Europäischen Forums Alpbach. Im Jahr 1998 war er Gastprofessor an der University of Malaya in Kuala Lumpur (Malaysia). Im Jahr 2004 wurde er zum Gastprofessor an der Polytechnic University of the Philippines in Manila ernannt. Nach seiner Wahl zum lebenslangen Mitglied (Life Fellow) im Jahr 2006 wurde er 2010 zum Co-Präsidenten der Internationalen Akademie für Philosophie gewählt. Von 2019 bis 2021 war er Mitglied des Hochschulrats der Universität für Digitale Wissenschaft (Berlin). Im Jahr 2018 wurde er Mitglied der Fakultät der Akademie für Kulturdiplomatie in Berlin, Deutschland. |
(Übersetzung der englischen Originalversion)
1 Advisory Opinion vom 9. Juli 2004, Paragraph 139.
2 Loc. cit., Paragraph 141.
3 Berichtszeitraum: Oktober 2023 – Juli 2024.
4 Paragraph 1(i) der einstimmig verabschiedeten Resolution 242 (1967) vom 22. November 1967.
5 U.S.-Vizepräsidentin Kamala Harris auf einer Pressekonferenz in Dubai am 2. Dezember 2023.
6 A/ES-10/:L.31/Rev.1 (tenth emergency special session [10. Notstandssondertagung], Tagesordnungs- punkt 5).
7 Statement by PM Netanyahu. Prime Minister’s Office, 26 November 2024, https://www.gov.il/en/pages/spoke-statement261124.
8 «In call with PA’s Abbas, Trump says he ‘will work to stop the war’.» Jacob Magid, The Times of Israel, 8 November 2024, 8:59 p.m. – Zur Mittelostpolitik Trumps in seiner Amtszeit als 45. Präsident der Vereinigten Staaten vgl. Barak Ravid, Trump’s Peace: The Abraham Accords and the Reshaping of the Middle East. Independently published, 2022.
9 Die kürzliche Nominierung eines evangelikalen Christen und radikalen Befürworters der Annexion für das Amt des Botschafters in Israel ist mit dem hehren Versprechen des Präsidenten nicht vereinbar.
10 Die Generalversammlung tagte nach den Bestimmungen der sog. «Uniting for Peace» [Vereint für den Frieden]-Resolution (377 [V], 3. November 1950): Resolutionen 997 (ES-I) ff vom November 1956 («Questions considered by the Security Council at its 749th and 750th meetings, held on 30 October 1956»).
11 Arabische Bezeichnung für die gewaltsame Vertreibung und Flucht der Palästinenser im Jahr 1948.