«Kriegsvorbereitung»
Die US-Bombe ist bereit: Bald auch in der EU
von Manlio Dinucci*
(15. März 2021) Die USA haben eine neue Atombombe entwickelt, die viel kleiner und handlicher ist. Sie werden sie am Laufband produzieren und in der Europäischen Union lagern, um «ihre Sicherheit zu gewährleisten».
Ein Video, das am 23. November von den Sandia National Laboratories veröffentlicht wurde, zeigt einen US-Jäger F-35A, der mit Überschallgeschwindigkeit auf 3000 Meter Höhe eine Atombombe B61-12 (für den Test mit nicht-nuklearem Kopf ausgestattet) abwirft. Die Bombe fällt nicht vertikal, sondern gleitet, bis in ihrem Heck – genannt Tail Kit Assembly (TKA) – der Raketen-Kit gezündet wird, der ihr eine Drehbewegung auferlegt und so die satellitengeleitete B61-12 42 Sekunden nach dem Start das Ziel treffen lässt.
Der Test wurde am 25. August im Tonopah-Polygon in der Wüste von Nevada durchgeführt. Ein offizielles Kommuniqué bestätigt seinen vollen Erfolg: Es handelt sich um die Wiederholung eines echten nuklearen Angriffs, den der Jäger mit Überschallgeschwindigkeit und Stealth-Vorrichtung durchführt – mit den Atombomben im Frachtraum –, um besser in die feindliche Verteidigung eindringen zu können.
Die B61-12 hat einen Atomsprengkopf mit vier Leistungsoptionen, die je nach zu treffendem Ziel vor dem Abschuss wählbar sind. Sie hat die Fähigkeit, tief in den Boden einzudringen und erst in der Tiefe zu explodieren, um die Bunker von Kommandozentralen und andere unterirdische Strukturen zerstören zu können.
Das Pentagon-Programm sieht den Bau von etwa 500 B61-12 vor, mit geschätzten Kosten von etwa 10 Milliarden Dollar (wodurch jede Bombe das Doppelte dessen kostet, was sie kosten würde, wenn sie komplett aus Gold bestehen würde). Offiziell wurde bekannt gegeben, dass die Serienproduktion der neuen Atombombe im Steuerjahr 2022 beginnen werde, das am 1. Oktober 2021 (also in wenigen Monaten) beginnt.
Es ist nicht bekannt, wie viele B61-12 durch die USA in Italien, Deutschland, Belgien und den Niederlanden gelagert werden, um die bisherige B61 zu ersetzen, deren wahre Anzahl ebenfalls geheim ist. Satellitenfotos zeigen, dass Umstrukturierungsarbeiten in den Stützpunkten von Aviano und Ghedi zur Vorbereitung der Ankunft der neuen Atombomben durchgeführt wurden, mit denen die F-35A der US Air Force als auch der italienischen Flugwaffe – alle unter US-Kommando – bewaffnet werden.
Die Situation, in der sich Italien befinden wird, wenn auf seinem Territorium die F-35A Flugzeuge mit den B61-12 Bomben für einen Atomangriff bereit stehen, ist leicht vorhersehbar. Als vorgeschobene Basis von US-Atomwaffen in Europa für einen hauptsächlich gegen Russland gerichteten Einsatz wird sich Italien in einer noch gefährlicheren Situation befinden. Es wird noch stärker als bisher von den in Washington getroffenen strategischen Entscheidungen abhängen, welche politische und wirtschaftliche Ziele verfolgen, die unserer Souveränität und unseren wirklichen nationalen Interessen abträglich sind. Italien wird die Militärausgaben von derzeit 26 Milliarden Euro auf 36 Milliarden pro Jahr erhöhen müssen. Nach den gegenwärtigen Plänen werden noch weitere 60 Milliarden Euro hinzukommen, die durch das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung für militärische Zwecke bereitgestellt und aus dem Europäischen Konjunkturfonds finanziert werden.
Italien wird noch mehr als bisher gegen den Atomwaffensperrvertrag verstossen, dem es 1975 beigetreten ist und sich damit verpflichtete, «[…] Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen». Noch klarer wird gegen den kürzlich in Kraft getretenen Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) verstossen, in dem es heisst: «[...] jeder Vertragsstaat, der in seinem Hoheitsgebiet oder an einem seiner Hoheitsgewalt oder Kontrolle unterstehendem Ort über eine Kernwaffe oder eine andere nukleare Sprengvorrichtung verfügt, deren Eigentümer oder Besitzer ein anderer Staat ist, garantiert deren baldigen Abzug».
Die Abgeordnete Sara Cunha (Gruppo Misto) hat eine schriftliche Anfrage an die Ratspräsidentschaft und die Verteidigungs- und Aussenminister gestellt und damit Bewegung ins Parlament gebracht, das diese Fakten bisher immer verschwiegen hatte. Nach der Darlegung der hier bereits genannten Tatsachen fragte sie, «… ob die Regierung beabsichtige, den 1975 von Italien ratifizierten Atomwaffensperrvertrag einzuhalten; ob sie beabsichtige, den Atomwaffenverbotsvertrag, der 2021 in Kraft treten werde, zu unterzeichnen und zu ratifizieren; ob sie darauf hinwirken wolle, dass, auf der Grundlage der in diesen Verträgen enthaltenen Bestimmungen, die USA unverzüglich alle Kernwaffen aus Italien entfernen und darauf verzichten die neuen B61-12-Bomben und andere Kernwaffen zu installieren».
Während wir auf die schriftliche Antwort der Regierung warten, machen die USA die letzten Tests mit den Bomben, die man uns bald sprichwörtlich unter die Füsse legen will.
Quelle: Voltairenet.org/Il Manifesto (Italien), 1.12.2020
(Übersetzung Horst Frohlich und «Schweizer Standpunkt»)
* Manlio Dinucci ist Italiener und Geograph, Geopolitologe, Journalist und Bücherautor. Seine letzten Bücher sind: Laboratorio di geografia, Zanichelli 2014; Diario di viaggio (drei Bände), Zanichelli 2017; L’arte della guerra / Annali della strategia Usa/Nato 1990–2016, Zambon 2016; Guerra nucleare. Il giorno prima. Da Hiroshima a oggi: chi e come ci porta alla catastrofe, Zambon 2017; Diario di guerra. Escalation verso la catastrofe (2016–2018), Asterios Editores 2018. |