Ohne Propaganda kein Krieg
«Kognitive Kriegsführung» gegen die eigene Bevölkerung
von Robert Seidel
(5. September 2023) Wer sich in der heutigen Zeit orientieren will, muss lernen, Informationen genauer zu unterscheiden und einzuschätzen. Die Debatte um «Fake News» hatte gezeigt, dass nicht alle Informationen für bare Münze genommen werden können. Aber nicht jede «Fake News» ist auch tatsächlich eine Falschmeldung. Seit dem Ukraine-Krieg geht es offensichtlich um die Deutungshoheit in den Köpfen der eigenen Bevölkerung. Die Menschen in den einzelnen Staaten sollen für diesen Krieg – der inzwischen globale Züge trägt – mobilisiert werden.
Menschen führen nicht freiwillig Krieg. Krieg bedeutet Tote, Verstümmelte, Flucht, Verlust der Heimat, Zerstörungen, Hunger, seelisches Leid usw. Schon heute ruinieren sich unsere europäischen Staaten für den Krieg zwischen Russland und dem Nato-Bündnis, vertreten durch die Ukraine: Einerseits durch hohe Verschuldungen, um Waffenlieferungen aus eigenen Beständen oder aus US-amerikanischer Waffenproduktion zu bezahlen, und ausserdem um Millionen Flüchtlinge zu versorgen.
Schon heute horrende Kriegskosten
Andrerseits führen die Verteuerung der Energie (Zerstörung von Nord-Stream, «Energiewende») bei gleichzeitiger Abnabelung vom russischen Wirtschaftsraum und zukünftig wohl auch vom chinesischen, zur nachhaltigen Zerstörung des deutschen Industriestandortes und seines Mittelstands und damit zum Verlust von Millionen Arbeitsplätzen europaweit. – Und schliesslich, und dies ist der grösste Negativfaktor für jeden Einzelnen: Es droht die Gefahr eines direkten kriegerischen Schlagabtauschs, sei es mit konventionellen oder atomaren Waffen.
Krieg «wollen»
Für einen Kriegseintritt bzw. eine Kriegsbeteiligung ist eine massive psychologische Beeinflussung der Bevölkerung notwendig. – Und in diesem Bereich wurde schon einiges «erreicht». – Die Bevölkerung muss davon «überzeugt» werden, dass es «notwendig» sei, materielle Verluste bis hin zum Tod von Angehörigen für «eine gute Sache» in Kauf zu nehmen. Allein aus Angst vor gesetzlichen Verordnungen, Bussgeldern oder Gefängnisstrafen zieht niemand in den Krieg. Neben «Hard Power» kommt also «Soft Power» zum Einsatz.
Soft Power – «Werbung», neudeutsch Public Relations (PR) oder veraltet «Propaganda» – muss geplant, dosiert und gezielt eingesetzt werden, um Kriegsbereitschaft in der Bevölkerung zu erzeugen. Einige Techniken aus dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg aus den Bereichen Printmedien, Massenveranstaltungen oder Radio lassen sich auch heute eindeutig wiedererkennen.
Von Goebbels zur modernen PR
Doch seit Josef Goebbels «Volksempfänger» sind über 80 Jahre verstrichen. Zeit, in der sich die PR rasant entwickelt hat. Methoden und Techniken, die im Bereich der Werbung für Produkte oder für Wahlkampagnen über Jahrzehnte weiterentwickelt und verfeinert wurden, werden heute eingesetzt, um Haltungen und Gewohnheiten der Bevölkerung in Bezug auf eine Kriegsbeteiligung schleichend und unbewusst zu verändern.
So sind die Techniken der Massenbeeinflussung aktuell ein Thema des allgemeinen Interesses geworden. Dazu sind in jüngster Zeit einige Neuerscheinungen auf den Markt gekommen. Das Bedürfnis danach, einen Blick hinter die Kulissen staatlich gelenkter Meinungsbeeinflussung zu werfen, ist stark. Denn niemand lässt sich gerne ungefragt und dazu noch unbewusst «lenken».
Niemand möchte unbewusst beeinflusst werden
Im Folgenden soll auf zwei hochinteressante Neuerscheinungen hingewiesen werden. Johannes Menath stellt in seinem schmalen Band, «Moderne Propaganda. 80 Methoden der Meinungslenkung», kurz und knapp die gängigsten PR-Methoden vor. Es gelingt ihm, in die Thematik einzuführen und ein Bewusstsein für Manipulationstechniken zu wecken. Der Leser ist verblüfft über die Vielzahl der Methoden. Menath führt dabei durch verschiedene Jahrhunderte und verschiedene Wissenschaftsbereiche, wie Soziologie, Psychologie usw.
Wie man sich schützen kann
Im ersten Teil stellt er einzelne Methoden vor, wie zum Beispiel «Spaltung», als eine Methode zur Schwächung unliebsamer Meinungsführer. Dazu wählt er häufig passende Zitate, so zum Stichwort «Spaltung» von Niccolo Machiavelli: «Die Römer führten ihre Sache in den eroberten Provinzen sehr gut, sandten Kolonien dorthin, unterstützen die Schwachen, ohne sie stark zu machen, demütigten die Mächtigen und liessen das Ansehen mächtiger Fremder nicht aufkommen.» (Menath, S. 27)
Ausserdem setzt sich der Autor mit Propaganda im Allgemeinen auseinander und stellt persönliche Überlegungen an, wie man sich vor ihr schützen kann. Ein sehr lesenswertes Buch aus dem Zeitgeist-Verlag, Höhr-Grenzhausen.
Kognitive Kriegsführung
Sehr aktuell ist die Darstellung der «Kognitiven Kriegsführung» von Jonas Tögel. Der Autor bezieht sich auf neueste Entwicklungen der «Kognitiven Kriegsführung» der Nato seit 2020 –, auch gegen die eigene Bevölkerung. Alle Aussagen sind detailliert mit Quellen belegt. Der Autor vertritt einen differenzierten und humanen Standpunkt. So konnte es ihm gelingen, das Ausmass des Missbrauchs der psychologischen Wissenschaften für Kriegszwecke aufzuzeigen. Tögel führt historisch und systematisch durch die Geschichte der «Propaganda», um schliesslich die heutigen Auswüchse einer völlig pervertierten Kriegsführung darzustellen.
Die Versklavung lieben?
Zur Charakterisierung der «Kognitiven Kriegsführung» zitiert Tögel Aldous Huxley aus einem Interview von 1958: «Die Diktaturen der Zukunft werden ganz anders sein als die Diktaturen, die wir in der Vergangenheit gesehen haben. […] Sie werden dadurch herrschen, dass sie die Zustimmung der Menschen bekommen, welche sie regieren, indem sie die rationale Seite der Menschen umgehen und ihr Unterbewusstsein, ihre tieferen Emotionen ansprechen, so dass die Menschen ihre Versklavung sogar lieben werden. […] Die Diktaturen werden sich wissenschaftlicher Methoden bedienen, um die Menschen zu manipulieren. […] Die Gefahr unter dem neuen Regime ist also, dass die Menschen sogar glücklich sein werden in Situationen, wo sie ganz und gar nicht glücklich sein sollten!»
Jonas Tögel lässt den Leser nicht im Dunkeln stehen und setzt auf die menschliche Vernunft. Durch eine Übersicht der aktuell verwendeten Techniken der kognitiven Kriegsführung trägt der Autor dazu bei, diese Techniken zu erkennen und sie dadurch zu neutralisieren.
Bibliographie:
Johannes Menath. Moderne Propaganda. 80 Methoden der Meinungslenkung. Zeitgeist-Verlag, Höhr-Grenzhausen 2022 und Jonas Tögel. Kognitive Kriegsführung. Westend-Verlag, Frankfurt 2023