Tansania

In Afrika geht ein Megabauwerk in Betrieb

Julius-Nyerere-Staudamm liefert Strom für 60 Millionen Einwohner

von Ruy Barbosa

(8. März 20249) Der «Julius-Nyerere-Staudamm»1 in Tansania ist praktisch fertiggestellt und soll dieser Tage mit der Stromerzeugung beginnen. Der neue Staudamm ist ein genuin gesamtafrikanisches Projekt. Finanziert wurden die Baukosten von 2,9 Milliarden US-Dollar vollständig von der tansanischen Regierung, und gebaut wurde der Staudamm am Rufiji-Fluss im Rahmen einer gemeinsamen Partnerschaft zweier ägyptischer Firmen: die staatliche «Arab Contractors» und die «El-Sewedy Electric».

Ziel des Megawerkes ist nicht nur die Stromproduktion, sondern auch eine sicherere Wasserführung am Rufiji-Fluss. Der Staudamm soll jährlich 5920 GWh Strom produzieren. Damit kann die tansanische Regierung die Stromknappheit im Lande einer Lösung zuführen. Der Julius-Nyerere-Staudamm wird Strom für über 60 Millionen Einwohner im Land liefern und zudem Überschwemmungen am Rufiji-Fluss in Zeiten starker Regenfälle eindämmen.

Bedeutung des Projektes

Warum ist das dringend benötigte Nyerere-Kraftwerk viel mehr als nur ein Stromlieferant? Die in Washington D.C. angesiedelte Weltbank hatte versucht, das Megabauwerk zu verhindern, indem sie dem seit den sechziger Jahren geplanten Projekt die dazu nötigen finanziellen Mittel verweigerte. Ihre Begründung war, dass es in Tansania keine grosse Nachfrage nach Strom gebe. Bisher verfügen aber nur 40 Prozent der 63 Millionen Einwohner des Landes über einen Stromanschluss.

Auch für die wirtschaftliche Entwicklung braucht das Land dringend mehr Elektrizität. Tansania plant den Bau von zwei grossen Industriegebieten:

Das eine wird in der Hauptstadt Daressalam auf 2,5 Millionen Quadratmetern entstehen. Das andere soll eine Industriestadt werden: Elsewedy Industrial City (EIC). Sie wird als erstes und vollständig integriertes Industriezentrum in Afrika auf einer Fläche von 2,6 Millionen Quadratmetern entstehen und 50 000 Arbeitsplätze anbieten. Dabei sind auch Wohngebiete und die notwendigen Infrastrukturen eingeplant. Bauherr der beiden Industriegebiete ist die Firma Elsewedy Electric, die bereits am Bau des Julius-Nyerere-Staudamm beteiligt ist.

Der Julius-Nyerere-Staudamm in Tansania. (Bild Elsewedy Electric)

Regierung setzt sich gegen ausländischen Widerstand durch

Neben der amerikanisch dominierten Weltbank versuchten das UNESCO-Welterbe sowie grüne NGOs wie die Internationale Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) die Realisierung des Nyerere-Kraftwerks zu verhindern. Die IUCN wird mit 534 Millionen US-Dollar zu einem Drittel von den USA finanziert. Der Staudamm befindet sich im Nyerere-Nationalpark (nach dem britischen Grosswildjäger Frederick Selous, ehemals Selous-Wildpark benannt), der mit einer Fläche von rund 30 000 Quadratkilometern (Fläche von Belgien) zum UNESCO-Welterbe gehört. Die UNESCO hatte Tansania wegen des Baus des Staudamms gedroht, den Nationalpark von der Liste der Naturstätten zu streichen. Der Regierung ist es jedoch gelungen, dies zu verhindern.

Seit 2019 befindet sich der Julius-Nyerere-Staudamm im Bau, er weist eine Gesamtlänge von 1025 Meter auf und verfügt über ein Gesamtspeichervolumen von rund 34 Milliarden Kubikmetern. Er wird somit der viertgrösste Stausee Afrikas und der neuntgrösste der Welt. Das Kraftwerk wird mit insgesamt neun Turbinen ausgerüstet, die das chinesische Unternehmen Dongfang Electric Corporation liefern wird. Dieses Staatsunternehmen hat auch die Turbinen für den chinesischen Drei-Schluchten-Staudamm am Jangtse-Fluss geliefert, der 2014 die weltweit grösste Menge an Hydroenergie erzeugt hat.

Insgesamt konnte der Julius-Nyerere-Staudamm über 9000 Personen beschäftigen; davon waren 8000 tansanische und 1000 ägyptische Staatsangehörige.

1 Das Projekt geht auf Julius Nyerere (1922–1999) zurück, der 1976 eine erste Machbarkeitsstudie in Auftrag gab. Damals lief es unter dem Namen «Stieglers Gorge Project». Später wurde das Staudammprojekt zu Ehren des beliebten Minister- und Staatspräsidenten (von 1961 bis 1985) umbenannt.

Quellen:

«Construction Review Magazin» vom 8. November 2023, https://de.constructionreviewonline.com/Baunachrichten/400-Millionen-andere-Industriest%C3%A4dte-sollen-in-Tansania-gebaut-werden/

«Construction Review Magazin» vom 28. Dezember 2023, https://de.constructionreviewonline.com/Baunachrichten/Der-Julius-Nyerere-Staudamm-ist-zu-94-Prozent-fertiggestellt-und-soll-im-Februar-2024-mit-der-Stromerzeugung-beginnen/

The Arab Contractors (AC). Osman Ahmed Osman & Co., https://www.arabcont.com/English/

El-Sewedy Electric in Kairo, Ägypten, https://www.elsewedyelectric.com/en/home/

Julius Nyerere Hydropower Station, https://en.wikipedia.org/wiki/Julius_Nyerere_Hydropower_Station

Tanzania: Biggest hydroelectric plant construction ongoing, https://www.esi-africa.com/industry-sectors/generation/tanzania-biggest-hydro-electric-plant-construction-ongoing/

Welterbe trotz Stauseebau, https://taz.de/Nyerere-Nationalpark-in-Tansania/!5785731/

Strategic alert service, https://www.strategicalert.news/julius-nyerere-damm-ein-megaprojekt-fuer-afrika-geht-bald-in-betrieb/

Tanzania National Parks, https://www.tanzaniaparks.go.tz/

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